Der König des Kalauers
Unter dem präzisen Dirigat von Winfried Fechner präsentierte der gut aufgelegte Silcher-Chor Lieder von Heinz Erhardt. Autor: ff Lüneburg
„Ich heiße nicht nur Heinz Erhardt, sondern Sie auch herzlich willkommen!“ Da ist er wieder, der tapsige Humorist mit der Birnenfigur und dem schwarzen Kassengestell der Meister des Flachwitzes, manche sagen: der Erfinder des gepflegten Blödsinns in Deutschland. Heinz Erhardt heißt jetzt Stefan Keim, ist Kabarettist und mit Klassikern, mit Gedichten vom Ritter Fips und natürlich von der verwaisten Made bundesweit unterwegs. Im vollbesetzten Kulturforum Gut Wienebüttel präsentierten Keim und der Lüneburger Silcher-Chor unter der Leitung von Winfried Fechner eine Rundum-sorglos-Revue mit Liedern und Texten des Kalauer-Königs.
„Körperpflege ist in Lappland billig. Man braucht nur Seife, Lappen gibt es da genug!“ Bei manchen Witzen rollen sich einem die Fußnägel hoch. Aber Heinz Erhardt, 1909 in Riga geboren, 1979 in Hamburg gestorben, ist längst eine Legende. Bei Rankings über den wichtigsten deutschen Humoristen landete er hinter Loriot auf Platz zwei. Die scheinbare Naivität und Schüchternheit des onkelhaften Riesenbabys, seine geniale Fähigkeit, komplexe Sachverhalte zu entwirren und epische Dramen auf ein kleines Gedicht zu verkürzen, waren in TV-Spielfilmen und unzähligen Bühnenshows „Ach, was bin ich wieder für ein Schelm heute…“ zu bewundern. Dieser Schelm hatte großen Anteil daran, dass den Wirtschaftswunder-Deutschen im Ausland etwas zugestanden wurde, was ihnen sonst immer so schrecklich zu fehlen schien: trockener, leichtfüßiger Humor.
Man tut Heinz Erhardt unrecht, ihn als simplen Blödel-Barden einzustufen. So ganz nebenbei skizziert er seine Mitmenschen; Zitat: „Frau soundso hat zwei Ärzte. Einen älteren, wenn sie krank ist, und einen jüngeren, wenn ihr was fehlt.“ Aber funktioniert dieser Spaß mit seinen heute hinreichend bekannten Pointen auch noch im Jahre 2014?
Der Silcher-Chor wurde mit langem Applaus empfangen und konnte sich der Sympathie des Publikums ebenfalls durchweg höhere Semester den ganzen Abend über sicher sein. Den typischen weichen Singsang-Vortragsstil, mit dem Heinz Erhardt etwa Goethes „Erlkönig“ auf Normalmaß stutzte („Wer reitet so spät durch Wind und Nacht?/ Es ist der Vater. Es ist gleich acht.“) adaptierte Stefan Keim, ohne ihn überzustrapazieren. Und der Chor, von der erfahrenen Pianistin Mira Teofilova begleitet, hatte erkennbar seine Freude an den Liedern, die auch mal mit kleinen Comedy-Einlagen angereichert wurden. So hat der Silcher-Chor offensichtlich mit Heinz Erhardt auf das richtige Pferd gesetzt.
Apropos Pferd, noch einmal der Erlkönig: „Er erreicht den Hof mit Müh und Not,/der Knabe lebt, das Pferd ist tot.“
Beitrag aus der LZonline
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